Beiträge zur Verfassung einer Heimatkunde
von Pixendorf
Gesammelt von Schulleiter Josef Fischer
1894
Schloß und Herrschaft
ÖKR. Friedrich Rienößl |
Danksagung:
Herr ÖKR Friedrich Rienößl hat die Ereignisse, die der damalige Schulleiter von Pixendorf, Herr Josef Fischer im Jahre 1894 zusammengetragen hatte, für uns aus der Kurrentschrift in unsere Schreibschrift niedergeschrieben.
ÖKR Friedrich Rienößl
1992
Der Wortlaut und die Ausdrücke der damaligen Zeit sind originalgetreu wiedergegeben worden.
Walter Bisak
2010
Inhaltsverzeichnis:
Boden, Gewässer und Klima
Brauhaus
Dorfleben und Bewohner
Gemeinde
Industrie, Handel und Verkehr
Jahreszahlen und Ereignisse
Kapelle
Schloß und Herrschaft
Schule
Sitten, Gebräuche und Sagen |
Schloß und Herrschaft
Grundbesitzer, Lehen und Kleinhäusler
In Pixendorf findet sich ein Burgstallberg, ein Name, der auf das Vorhandensein der Überreste eines römischen Kastelles Pirum tortum hindeuted. Dieser Burgstallberg war aber auch ganz darnach angetan, eine Hochwarte der Römer zu bilden, denn von diesem Höhepunkte aus, der das ganze Tullnerfeld beherrscht, konnten die ganze Gegend von Traismauer bis Greifenstein überblicken und einer alten Sage nach, soll tatsächlich auf diesem Berge ein römisches Kastell gestanden sein.
Das Schloß der Pöchsendorfer soll demnach auf den Überresten des römischen Pirum tortum gestanden sein und auf dessen Grundmauern und mit den vorhandenen Material, ihre Burg aufbauten. Die sichtbaren Spuren, umgeben von einem tiefen Graben, herrührten. Der Besitz wurde allen Vermutungen nach im 1. Türkenkriege zerstört.
Als die Gebrüder Christof von Rueber und Ferdinand von Rueber 1538 Pixendorf als Lehen erwarben, war die alte Mauerburg auf dem Burgstallberg bereits verfallen. Weil außerdem die Burgen im ausgehenden Mittelalter ihre Bedeutung verloren hatten, erbauten die Rueber aus deren Resten im Dorf das neue, zweigeschossige Schloss, das sie Pücksenstein nannten. Dieser imposante Gebäude umgab den weiten Hof und hinter dem Schloß dehnte sich ein großer Fasanengarten von 31 Joch.
Die Rueber gehörten zu den vornehmen und vermögenden Familien des Landes. Sie waren Reichsfreiherren - standen als solche rangmäßig über dem Adel des Landes - und dienten seit Generationen als hohe Offiziere im kaiserlichen Heer. Die adelige Familie führte eine Rübe im Wappen. Unter Christof von Rueber wurden die Wiesen in den sogenannten Neubrücken zu Äcker umgewandelt.
Nach dem Tod von Christof übernahm sein Sohn Johann Freiherr von Rueber (geb. 1529) die Herrschaft von Pixendorf und Judenau. Er war verheiratet mit der Maria Anna, Herrin von Welßberg und in 2. Ehe mit der Witwe Susanne des Hans Kelberhaupter von Grafenwerth (1566), mit welch letzterem sie seit 1504 vermählt war. Sie war eine Tochter des Herrn Georg Kirchberg zu Egenberg und der Margarete zu geb. Perger am Perg und brachte Rueber die Herrschaft "Grafenwerth" zu.
Er war als „Klein von Statur und mit einer schwachen Stimme begabt“ charakterisiert. Er besuchte die Schule in Wien; einer seiner Mitschüler war der spätere Hofkriegsrat-Präsident Wilhelm Freiherr von Hofkirchen (um 1529–1583). Rueber trat unter König Philipp II. von Spanien – wohl unter dem Feldherrn Ferrante I. Gonzaga (1507–1557) – in in die Dienste Kaiser Karls V. ein und kämpfte in Spanien und Italien (Piemont). 1544 diente er im Französisch-habsburgischen Krieg.
Johann Rueber starb an den Folgen eines Schlaganfalls. Das Marmorgrabdenkmal des Hauptkapitäns Oberungarns Johann Rueber von Püchsendorf (geschaffen um 1585) befindet sich in der Ungarischen Nationalgalerie in Budapest
Fräulein Anna Rueber, Tochter des Johann Rueber zu Pixendorf, kaiserlicher Feldmarschall und der Maria Anna, Herrin von Welßberg, heiratete den Jodokus Ehrenreich, einem Sohn des Jodokus von Gera und der Katharina von Haimb.
1583 verpfändete Hans Rueber kaiserl. Rat und Generaloberst im obern Kreis Ungarn, für 22.000 fl Rheinisch dem Helmhard Jörger zu Tollet, Khöppach und Zäckhing, Freiherr auf Kreußbach, Pernstein etc. die Veste Judenau sammt Zugehör, das Pfarr- und Kirchenlehen, Wein- und Getreidezehent etc, mit der Bedinung, das es ihm gestattet sei, das Pfand innerhalb 3 Jahre wieder einlösen zu können. (Archiv Gutsverwaltung Judeanau)
Nach dem Tode Johann Rueber, der um Geld aufzutreiben, beinahe alle seine Güter verpfändet hatte, verkaufte am 16. Februar 1586 die Vormünder seiner Kinder (Wolf Georg Gilleis, Freiherr von Sonnberg und Raschalla, kaiserl. Rat) die Mehrzahl der Güter und Rechte an Helmhard Jörger zu Tollet, Köppach und Zägging, Freiherrn auf Kreußbach etc, darunter auch die Veste und das Schloß Judenau am Tullnerfeld.
1587 zu Wien, am 10. Juli erkaufte Freiherr Helmhard Jörger von den Vormündern der Rueb´schen Söhne die Landgerichtsgerechitgkeit über Judenau, Aspern, Kronau, "Großschönbichl" (Langenschönbichl) und Neusiedl.
Helmhard Jörger, oberster Erblandhofmeister in Ober-Österreich, war ein eingefleischter Protestant. In jener großen, geistigen und politischen Bewegung ist er der Größten Einer, ein Talent und ein Charakter, tritt er für dei Gewissensfreiheit seiner Glaubensbrüder und Genossen, der Protestanten, für die alten Ständerechte ein. Einem alten österreichischen Geschlechte entsprossen, 1530 geboren, wird er 1565 niederösterreichischer Regimentsrat, 1567 kaiserlicher Hofkammerrat, 1580 niederösterreichischer Hofkammerpräsident. Als ein unerschrochener Kämpfer eröffnete er nach der Horner Kapitulation 1609 in Hernals unter ungeheuren Zulaufe ein protestantisches Rathaus.
Daß bei einem Mann von solcher Gesinnung alle Ermahnungen bezüglich der Abschaffung des evangelischen Gottesdienstes fruchtlos waren, darf nicht Wunder nehmen. Auch er setzte die Behauptung entgegen, die Judenauer Kirche sei seine Schloßkirche, zwinge niemanden zu hören, halte aber auch niemanden davon ab, er lasse die Toten in seinem Friedhof beerdigen, weil die katholischen Pfarrer sie nicht beerdigen wollen und man sie doch nicht von den Hunden fressen lassen könne usw.
Er verstehe nicht nur die Kirche, sondern auch den Getreidekasten, den man über der neuen Kirche erbaut hat, so daß unten das Gotteshaus, oben der Schüttkasten sei und man in beiden zugleich mit den Glocken läuten könne. Man nenne auch die Kirche deshalb oft nur den Getreideschüttkasten oder auch die schöne Herrenkirche mit den Troadkasten.
Nach dieser Abschweifung die notwendig erschien, weil auch die Bewohner Pixendorfs als eifrige Anhänger der lutherischen Lehre dem Gottesdienste in Judenau anwohnten, kehren wir wieder zu unseren Ruebern zurück.
1598 erschien Georg, Freiherr von Rueber, kaiserlicher Oberst zu Tokgg, Sohn den Johann von Rueber als Besitzer von Pixendorf und 1607 dessen Bruder Hans von Rueber, war vermählt mit Elenore von Schallenberg (1607) welche früher mit Ludwig von Kirchberg und noch früher mit Hans Bernhard von Mämmling zu Nußdorf a.d. Traisen verehelicht war.
Diese Elenore hatte aus ihrer Ehe 2 Söhne, nähmlich Hans Bernhard und Wolf Adam, der 1. starb ledig, der 2. heiratete zu Nußdorf a.d. Traisen am 28. Mai 1630 die Maria Isabella Kornfail, eine Tochter des Georg Ehrenreich Kornfail von Weinfeldeu und Würmla und der Eva, geborene Herrolz, starb aber ohne Kinder. Nach dem Tode seiner Gattin Elonore vereheligte sich Hans von Rueber zum 2. Male mit Judith von Friedensheim.
Sein Sohn Ferdinand, 1. Graf von Rueber erbte die Herrschaft Pixendorf nach dem Tode seines Vaters 1662. Von seiner Mutter Elonore hatte er das Gut Nußdorf a.d. Traisen und das Gut Franzhausen geerbt. Er besaß Pottenbrunn, Keßmark, Lemitza, Kornbach und Schebonecz und starb als letzter seines Stammes im Jahre 1689. Er war vermählt mit Anna Maria, Tochter des Georg Wilhelm Jörger und dessen zweiter Gemahlin Anna Maria, geb. Khevenhiller. Sie starb zu Wien am 18. März 1687 und wurde zu Preßburg begraben.
Freiherr Ferdinad Rueber erscheint auch im Taufprotokoll der Pfarre Michelhausen am 19. April 1655 und als Ferdinand Graf von Rueber, Herr der Herrschaft Pixendorf und Pottenbrunn am 29. Oktober 1671 als Pate.
1699 am 5. November, wird im Taufprotokoll zu Michelhausen angführt: P. Ottilo ord. S. Benedikti als Capellanus "des Grafen Trautmannsdorf zu Pixendorf, als Besitzer der Herrschaft Pixendorf, ferner
1700 am 12. Oktober Josef Maximilian Graf von Trautmannsdorf, als Besitzer von Pixendorf, sein Pfleger zu Pixendorf, Johann Valentin Gselhoffer und Johann Georg Steckhl, Lakai des Grafen Trautmannsdorf als Kindesvater.
Die Witwe Trautmannsdorf verkaufte das Gut Pixendorf 1716 an Johann Kampmüller, Edlen von Metzburg, kaiserl. n.ö. Regierungsrat und Ministerial- Banko- Deputationsrat.
1736 ist Besitzerin der Herrschaft Pixendorf Maria Anna, vermählte Gräfin von Fugger, Tochter des Johann Georg Kampmüller, Edlen von Metzburg.
1739 erwarb die verwitwete Herzogin Maria Theresia von Savoyen geb. Prinzessin Liechtenstein, das Gut. Herzogin Maria Theresia von Savoyen, erhielt von den Pixendorfer Bauern einen Beschwerdebrief, weil sie sich von ihrem Verwalter ungerecht behandelt fühlten.
Eure hochherzogliche Durchlaucht hochderer angeborene und der breiten Welt berühmte Milde veranlasst uns arme Untertanen zu Pixendorf, unsere untertänigste Bitte zu hochderer Gnaden Füßen zu legen und gehorsamst alles wehmütige vorzutragen, wasmassen uns von Eurer Durchlaucht als unserer allergnädigsten Frau, die uns das Weiderecht auf den abgeernteten Äckern und der Schafweide, die vorhin der Schafmeister gehabt hat, gnädigst überlassen hat. Als unsere Schaf und Pferd darauf geweidet, ist der Jäger gekommen und wollt von jedem Pferd einen Gulden Weidegeld haben, haben uns aber beklagt.
Darauf ist der Herrschaftsdiener um die drei Männer (den Richter und die beiden Geschworenen, die damaligen Vertreter des Dorfes) geschickt worden, ist aber die ganze Gemeinde in die Kanzlei zum Herrn Verwalter gegangen um zu bitten, diese Strafe nachzulassen. Darauf hat der Verwalter unseren Schuster mit einem Stock auf den Kopf, den Buckel und den Arm geschlagen, bis fünfzehn Streich. Einer der Männer aber hat ihn rücklings niedergerissen und hernach sind vier Herrschaftsbeamte auf ihn hinaufgekniet und der Diener hat ihm Eisen angeschlagen, ihn bei den Haaren gerissen und mit der Faust auf den Kopf geschlagen.
Nach ihrem Tod am 20. Februar 1772 erbte Franz Josef Fürst von und zu Liechtenstein ihre Güter, darunter auch das Schloss Judenau. In Pixendorf besaß der Fürst ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche, nämlich 67 Joch Felder, 49 Joch Wiesen, 27 Joch Wald und 61 Viertel Weingärten.
Im 18. Jahrhundert verliehen die Grundherren einen Teil der Felder, Wiesen Weingärten und Wälder an die Bauern. Dieses Lehen wurde durch Erbteilung manchmal verkleinert. Neben de Ganzlehen gab es daher auch Dreiviertel-, Halb- und Viertellehner sowie Kleinhäusler. Mit der Übernahme eines untertänigen Lehens wurde der Bauer samt Familie vom Grundherren abhängig. Er durfte nur mit Bewilligung seinen Kindern einen Beruf erlernen lassen oder das Nutzungsrecht über sein Anwesen verkaufen. Somit schuldete er seinem Besitzer Robot.
Die Handroboter mussten im Pixendorfer Meierhof Dung fassen und auf den Grundstücken ausbreiten, Samen einfassen und ausstreuen, das Getreide schneiden, binden und die Heuarbeit verrichten. Vieh halten und den Zimmerleuten Material zureichen. Die Robotverpflichtung war mit 104 Tagen pro Jahr, also in der Regel mit 2 Tagen pro Woche festgelegt.
Gearbeitet wurde vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, das waren im Sommer 16 Stunden. Doch dieser Robot ermöglichte erst die Kulturleistungen des Mittelalters, so entstanden Straßen und Brücken, Kirchen und Klöster, Burgen und Schlösser.
Wie aus einem Vertrag vom 1. Juni 1811, nach welchem es verpachtet wurde, ersichtlich ist, bestand es zu ebener Erde aus 5 Zimmer, 3 Kammern, 3 Gewölbe, 2 Küchen, 1 Stall für Pferde. Im ersten Stocke hatte es 10 Zimmer verschiedener Größe und 1 Küche. Im zweiten Stocke 11 Zimmer. Nach diesem Vertrage war das Schloß um 150 fl. dem Seidenfabrikanten Christian Hornbostl aus Wien verpachtet und darin eine Seidenfabrik betrieben.
In den Franzosenkriegen 1805 und 1809 wurde es als Spital, 1835 als Schüttkasten benützt. 1851 wurde es ganz abgetragen, da es angeblich baufällig ? war und das Material, das so fest aneinanderhing, daß es gesprengt werden mußte, verkauft.
Auch die zum Schloße gehörigen in den Sachwiesen gelegenen Fischteiche wurden nach und nach verschüttet, so daß 1836 keine Spur mehr von ihnen vorhanden war.
Von den Wirtschaftsgebäuden wurde der östlich gelegene Teil als Brauhaus und der westlich gelegene Teil für Kuhstall und Schafstallungen genutzt.
1950 verkaufte die Herrschaft ihre Grundstücke in der Freiheit Pixendorf an die Pächter oder andere Interessenten.
Nachwort des Abschreibers:
Von Mitte August bis Mitte Oktober 1992 habe ich die auf 154 Seiten in schönster Kurrentschrift geschriebenen „Beiträge zur Verfassung einer Heimatkunde von Pixendorf“ gesammelt vom Schulleiter Josef Fischer, Schulleiter von Pixendorf, angelegt im Jahre 1894 auf 122 Maschinschreibseiten, buchstabengetreu abgeschrieben.
Nur bei einzelnen Wörtern habe ich statt dem damals verwendeten C, das heute gebräuchliche K oder Z verwendet. Es war für mich eine hochinteresannte Arbeit die ich gerne gemacht habe. Schön wäre es, wenn die „Beiträge“ ihren Zweck erfüllen könnten.
Wenn ich durch meine Abschrift ebenfalls einen kleinen Beitrag dazu leisten konnte, so freue ich mich darüber. In unserer so schnelllebigen Zeit würde ein Blick in die Vergangenheit unserer Heimat manchesmal von großen Nutzen sein.
St. Valentin im Oktober 1992, Friedrich Rienößl |